Hallo ihr Lieben,
etwas Unglaubliches ist passiert: am 20. April, also vor fast vier Wochen, hat
die kamerunische Regierung dem internationalen und innenpolitischen Druck
nachgegeben und doch tatsächlich das Internet, ohne irgendwelche Ankündigungen
davor, im anglophonen Teil freigeschaltet und somit dem ganzen Land wieder zugänglich
gemacht. Dabei hat sich die politische Situation gar nicht so sehr verändert;
es wird weiterhin montags gestreikt, wenn auch nicht mehr so radikal, und die staatlichen
Schulen sind zwar geöffnet und die Lehrer treten zum Unterricht an, doch
weigern sich die meisten Schüler zu kommen, weswegen die Lehrer dann tagtäglich
vor leeren Klassenzimmern stehen. Die Universität in Bamenda ist die einzige anglophone
Uni, welche ihren Betrieb wieder komplett aufgenommen hat und die Studenten führen
hier ihr Studium wie gedacht fort. Währenddessen bleiben kirchliche und andere
Privatschulen weiterhin komplett geschlossen, da sie laut eigener Angabe die
Sicherheit ihrer Schüler in der momentanen Lage nicht gewährleisten können. Mit
dieser Verweigerung hat sich der Konflikt zwischen den kirchlichen Institutionen
und der Regierung nochmals verschärft. Präsident Paul Biya hat übrigens bei
einer Rede am 21. April gleich damit gedroht, dass er das Internet jederzeit
wieder abstellen kann und wird, sollten die Umstände ihn dazu “zwingen”. Also
auch wenn der Zugang zu freiem Internet wieder ein Stückchen Normalität mit
sich bringt, ist der Disput zwischen dem anglophonen Raum und der Zentralregierung
noch weit davon entfernt gelöst zu werden.
So viel erst einmal zur politischen Lage; es bleibt zwar immer noch
schwierig in dieser Angelegenheit fundierte Informationen zu bekommen, doch bin
ich sehr erleichtert, wieder recherchieren und Sachen nachlesen sowie natürlich
auch wieder mehr mit Familie und Freunden aus Deutschland in Kontakt stehen zu können.
Derweil hat sich in unserem Leben natürlich auch sehr viel getan; wir haben
mehrere Arbeitswechsel hinter uns und auch schöne Reisen genossen, hoffentlich
bekomme ich noch alles zusammen, aber am besten fange ich mal von vorne an…
Shisong
Von Anfang Januar bis Ende März durfte ich in die Arbeit einer
Krankenschwester im katholisch geleiteten Krankenhaus Shisong reinschnuppern..
Leider wurde ich von meinen Aufgabenfeldern etwas enttäuscht; es war zwar
durchaus interessant, aber ich glaube insgesamt habe ich wohl einfach nicht
genug Leidenschaft für die Krankenhausarbeit.
Naja, jetzt weiß ich aber dafür wenigstens definitiv, dass ich weder Arzt noch Krankenschwester werden möchte ;)
Naja, jetzt weiß ich aber dafür wenigstens definitiv, dass ich weder Arzt noch Krankenschwester werden möchte ;)
Insgesamt war ich in drei unterschiedlichen Stationen (Wards) und angefangen
habe ich auf der Kinderstation. Wieder mit Kindern zu arbeiten hat mir zwar Spaß
gemacht, aber ich wurde dann auch schnell desillusioniert und musste merken,
dass die Arbeit hier noch einmal etwas ganz anderes ist als im Waisenhaus. So
erzählte mir eine belgische Medizinstudentin, die mit mir als Freiwillige auf
der Station war, dass sie hier Krankheiten häufig zum ersten Mal in ihrem
Endstadium gesehen hat, da viele Familien nicht zum Arzt gehen, wenn das Kind
noch in keinem kritischen Stadium ist, um nicht „unnötig“ die relativ gesehen
hohen Krankenhausrechnungen ausgeben zu müssen. Mir fiel es auch noch bis zum Ende
schwer, die Babys immer weinen zu sehen, wenn sie untersucht wurden oder
Spritzen bekamen. Häufiger gab es aber auch mal nichts zu tun, da während
meiner Zeit im Ward einfach nicht so viele Kinder aufgenommen waren.
Als nächstes wechselte ich zur Frauenstation (Female Ward), auf der auch
unsere Freundin Ivoline als Krankenschwester arbeitet. Geregelt ist eigentlich,
dass die Ärzte nur alle zwei Tage zur Visite vorbeikommen und die
Krankenschwestern sonst alleine die Station leiten. Als Krankenpfleger muss man
sich um die Patienten kümmern (sie baden, mit ihnen reden, täglich Puls,
Blutdruck und Fieber messen), Medikamente austeilen sowie generell Betten
machen und die Station sauber halten. Besonders gefiel mir, dass wir immer bei
Schichtbeginn alle Patienten einzeln besucht haben um Hallo zu sagen, uns
vorzustellen und zu fragen wie es geht, genauso haben wir uns dann auch immer
verabschiedet, bevor wir gegangen sind und einmal wurde für eine Patientin, die
anscheinend besonders traurig schien, gesungen. Krankenpfleger dürfen
allerdings nicht Patienten entlassen, was dazu führte, dass manchmal schon
wieder gesunde Frauen so lange im Krankenhaus bleiben mussten, bis der nächste
Arzt zur Visite kam. Einmal, ich weiß nicht warum, kam es zu einem Ärztemangel
im Krankenhaus und wir mussten eine Woche auf der Station ohne Arzt arbeiten.
Auf der Station herrschte aber auch totale Überbesetzung; da Auszubildende und werdende
Krankenpfleger ohne Schule nichts zu tun haben, nutzen die meisten ihre Zeit
momentan um Praktika im Krankenhaus zu absolvieren und schon einmal ein
bisschen Arbeitserfahrung zu sammeln. Das führte allerdings dazu, dass teilweise
acht statt nur drei Krankenschwestern auf der Station waren und sich die Azubis
regelrecht um die noch so kleinen Aufgaben stritten. Naja, für mich blieb dann
zwar leider häufiger nur noch Betten machen übrig, aber dafür war es total nett
mit den Azubis und auch wenn wir manchmal nichts zu tun hatten, hatten wir wenigstens
gute Gespräche.
Am längsten arbeitete allerdings ich in der Apotheke des Integrated Day
Care Centers (IDCC). Der Name ist etwas irreführend, da sich die Abteilung in
Wirklichkeit um HIV-Erkrankte kümmert. Die Patienten werden hier beraten, aufgeklärt
und untersucht. Zudem sollen sie alle drei Monate zur Kontrolle kommen und ihre
Medikamente abholen (welche übrigens kostenlos für die Patienten sind, es wird
lediglich ein kleiner Beitrag in Höhe von umgerechnet ca. 30 Cent für die
Lieferkosten verlangt; sollte dies nicht gezahlt werden können, bekommen die
Patienten die Medikamente trotzdem und die Schulden werden aufgeschrieben). In der
Apotheke arbeitete ich mit Mme Nicoline zusammen, einer der fröhlichsten und
herzlichsten Menschen die ich kennengelernt habe. Hier gab es eigentlich auch
immer etwas zu tun, wir beschrifteten, registrierten und gaben Medikamente aus.
Auch wenn ich die Arbeit an sich und vor allem das frühe Aufstehen nicht
direkt vermisse, fehlen mir die Menschen, die ich im Krankenhaus kennengelernt
habe und der alltägliche Kontakt, an den man sich so schnell gewöhnt hat, doch
sehr. Es war auf jeden Fall eine gute Erfahrung und ich bin glücklich, dass ich
sie machen konnte.
Abenteuer Mount Cameroon
Im Südwesten Kameruns steht er ja, Mount Cameroon, der größte Berg Westafrikas
und mit seinen 4095 Metern eine ganz schöne Wucht. Jährlich findet hier das Mountain
Race statt, in dem Läufer den aktiven Vulkan in nur wenigen Stunden hoch und
wieder runter rennen. Für die etwas weniger Sportlichen unter uns werden aber
zum Glück auch 3-Tagestouren angeboten, bei denen man dann quasi “gemütlich”
die Bergspitze erklimmen kann. Das wollten Eli und ich uns natürlich nicht
entgehen lassen und so ging es Mitte März nach Buea, der nächsten Stadt zum
Kamerunberg, wo wir uns mit acht weiteren deutschen Freiwilligen zusammentaten,
um von da aus unser kleines Abenteuer zu beginnen. Organisiert wurde das ganze übrigens
von Mt. Cameroon Trekking, eine Organisation, die auch 2 Guides (Führer) und 10
Porter (Träger) mitschickten und sich außerdem um Verpflegung, Ausrüstung und
alles Andere kümmerten.
Es wurde dann mit das Anstrengendste was ich je gemacht habe; wir sind auf
1.000 Höhenmetern gestartet und mussten pro Tag immer so um die 7 bis 10
Stunden wandern, gleich am ersten Tag ging es zudem weitere 1.800 m hoch. Am
zweiten Tag erreichten wir dann die Spitze, bevor uns dann schon wieder 1½ Tage
Abstieg bevorstanden, die es irgendwie genauso in sich hatten. ABER es hat sich
trotzdem auf jeden Fall gelohnt; ich bin einerseits super stolz auf unsere
Gruppe, dass wir trotz aller Blasen und Muskelkater, die Tour durchgezogen
haben und andererseits ist die Landschaft auf dem Berg einfach unbeschreiblich schön
und vielfältig. Wir sind durch Regenwälder, Vulkanlandschaften und Savannen
gegangen, zu denen unsere beiden Guides Bruno und Prince auch immer immens viel
wussten und zu erzählen hatten. Generell waren die beiden super motivierend und haben uns immer gut
angetrieben (es gibt einen Grund warum sich Bruno auch “Bruno the Killer” nennt
;)) aber so waren sie wahrscheinlich auch der Hauptgrund, warum wir es immer
geschafft hatten mehr oder weniger im Hellen in unseren Lagern anzukommen.
Wenn wir dann abends also im (Halb-)dunkeln in unserem Lager ankamen und noch nicht allzu müde und erschöpft vom Tag waren, saßen wir immer noch gemütlich mit unseren Portern am Feuer und haben gekocht und geredet. Hier muss ich noch einmal meinen Riesenrespekt vor diesen Portern zollen, neben ihrer eigenen trugen sie nämlich auch noch unsere ganze Ausrüstung und Verpflegung mit nach oben. Während wir dann also teilweise rumjammerten, waren diese Jungs teils in Flip-Flops unterwegs und trotzdem einfach immer noch viel schneller als wir, abends waren sie dann dennoch immer gut gelaunt, witzig drauf und total lieb.
Als wir dann 3 Tage später total erschöpft und super glücklich wieder in
Buea waren, hieß es erst einmal ausruhen, duschen und gut essen, bevor wir
überhaupt an irgendetwas anderes denken konnten. Danach nahmen wir uns aber
doch noch ein paar Tage Zeit um Buea zu erkunden und zu genießen. Die
Hauptstadt des Südwestens ist vor allem, neben Mount Cameroon, wegen ihrer
großen Universität bekannt und wegen dieser auch eine relativ junge Stadt.
Verglichen mit Kumbo ist Buea eine richtige Großstadt, die Straßen sind
asphaltiert und im gewissen Sinne wirkt die Stadt westlicher. Es gibt mehr
Supermärkte und die vielen jungen Leute kleiden sich weniger traditionsbewusst.
Buea ist echt spaßig und vielleicht nach Kumbo bisher meine Lieblingsstadt in
Kamerun, trotzdem erlitt ich einen kleinen Kulturschock als wir das eine Mal in
die Clubszene der Studentenstadt eintauchten. Der Club „Las Vegas“ war riesig
und die Musik total laut, die Leute rauchten hier und die Mädchen trugen sehr, sehr
kurze Kleider, alles was in Kumbo als verpönt gilt. Ich kam mir wie ein komplettes
Landei vor und vermisste gleichzeitig unsere schönen und veralteten Bars in
Kumbo. Tja, Zuhause ist es halt immer noch am schönsten und so freute ich mich
auch wieder als es zurück in unser „kleines“ Kumbo ging.
So viel also erst einmal zu Januar, Februar und März, was alles im April passiert
ist, erzähle ich dann glaube ich ein anderes Mal…;)
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