Dienstag, 16. Mai 2017

Guess Who’s Back? Back Again

Januar bis April Teil I

Hallo ihr Lieben,

etwas Unglaubliches ist passiert: am 20. April, also vor fast vier Wochen, hat die kamerunische Regierung dem internationalen und innenpolitischen Druck nachgegeben und doch tatsächlich das Internet, ohne irgendwelche Ankündigungen davor, im anglophonen Teil freigeschaltet und somit dem ganzen Land wieder zugänglich gemacht. Dabei hat sich die politische Situation gar nicht so sehr verändert; es wird weiterhin montags gestreikt, wenn auch nicht mehr so radikal, und die staatlichen Schulen sind zwar geöffnet und die Lehrer treten zum Unterricht an, doch weigern sich die meisten Schüler zu kommen, weswegen die Lehrer dann tagtäglich vor leeren Klassenzimmern stehen. Die Universität in Bamenda ist die einzige anglophone Uni, welche ihren Betrieb wieder komplett aufgenommen hat und die Studenten führen hier ihr Studium wie gedacht fort. Währenddessen bleiben kirchliche und andere Privatschulen weiterhin komplett geschlossen, da sie laut eigener Angabe die Sicherheit ihrer Schüler in der momentanen Lage nicht gewährleisten können. Mit dieser Verweigerung hat sich der Konflikt zwischen den kirchlichen Institutionen und der Regierung nochmals verschärft. Präsident Paul Biya hat übrigens bei einer Rede am 21. April gleich damit gedroht, dass er das Internet jederzeit wieder abstellen kann und wird, sollten die Umstände ihn dazu “zwingen”. Also auch wenn der Zugang zu freiem Internet wieder ein Stückchen Normalität mit sich bringt, ist der Disput zwischen dem anglophonen Raum und der Zentralregierung noch weit davon entfernt gelöst zu werden.

So viel erst einmal zur politischen Lage; es bleibt zwar immer noch schwierig in dieser Angelegenheit fundierte Informationen zu bekommen, doch bin ich sehr erleichtert, wieder recherchieren und Sachen nachlesen sowie natürlich auch wieder mehr mit Familie und Freunden aus Deutschland in Kontakt stehen zu können.

Derweil hat sich in unserem Leben natürlich auch sehr viel getan; wir haben mehrere Arbeitswechsel hinter uns und auch schöne Reisen genossen, hoffentlich bekomme ich noch alles zusammen, aber am besten fange ich mal von vorne an…


Shisong

Von Anfang Januar bis Ende März durfte ich in die Arbeit einer Krankenschwester im katholisch geleiteten Krankenhaus Shisong reinschnuppern.. Leider wurde ich von meinen Aufgabenfeldern etwas enttäuscht; es war zwar durchaus interessant, aber ich glaube insgesamt habe ich wohl einfach nicht genug Leidenschaft für die Krankenhausarbeit.
Naja, jetzt weiß ich aber dafür wenigstens definitiv, dass ich weder Arzt noch Krankenschwester werden möchte ;)

Insgesamt war ich in drei unterschiedlichen Stationen (Wards) und angefangen habe ich auf der Kinderstation. Wieder mit Kindern zu arbeiten hat mir zwar Spaß gemacht, aber ich wurde dann auch schnell desillusioniert und musste merken, dass die Arbeit hier noch einmal etwas ganz anderes ist als im Waisenhaus. So erzählte mir eine belgische Medizinstudentin, die mit mir als Freiwillige auf der Station war, dass sie hier Krankheiten häufig zum ersten Mal in ihrem Endstadium gesehen hat, da viele Familien nicht zum Arzt gehen, wenn das Kind noch in keinem kritischen Stadium ist, um nicht „unnötig“ die relativ gesehen hohen Krankenhausrechnungen ausgeben zu müssen. Mir fiel es auch noch bis zum Ende schwer, die Babys immer weinen zu sehen, wenn sie untersucht wurden oder Spritzen bekamen. Häufiger gab es aber auch mal nichts zu tun, da während meiner Zeit im Ward einfach nicht so viele Kinder aufgenommen waren.

Als nächstes wechselte ich zur Frauenstation (Female Ward), auf der auch unsere Freundin Ivoline als Krankenschwester arbeitet. Geregelt ist eigentlich, dass die Ärzte nur alle zwei Tage zur Visite vorbeikommen und die Krankenschwestern sonst alleine die Station leiten. Als Krankenpfleger muss man sich um die Patienten kümmern (sie baden, mit ihnen reden, täglich Puls, Blutdruck und Fieber messen), Medikamente austeilen sowie generell Betten machen und die Station sauber halten. Besonders gefiel mir, dass wir immer bei Schichtbeginn alle Patienten einzeln besucht haben um Hallo zu sagen, uns vorzustellen und zu fragen wie es geht, genauso haben wir uns dann auch immer verabschiedet, bevor wir gegangen sind und einmal wurde für eine Patientin, die anscheinend besonders traurig schien, gesungen. Krankenpfleger dürfen allerdings nicht Patienten entlassen, was dazu führte, dass manchmal schon wieder gesunde Frauen so lange im Krankenhaus bleiben mussten, bis der nächste Arzt zur Visite kam. Einmal, ich weiß nicht warum, kam es zu einem Ärztemangel im Krankenhaus und wir mussten eine Woche auf der Station ohne Arzt arbeiten. Auf der Station herrschte aber auch totale Überbesetzung; da Auszubildende und werdende Krankenpfleger ohne Schule nichts zu tun haben, nutzen die meisten ihre Zeit momentan um Praktika im Krankenhaus zu absolvieren und schon einmal ein bisschen Arbeitserfahrung zu sammeln. Das führte allerdings dazu, dass teilweise acht statt nur drei Krankenschwestern auf der Station waren und sich die Azubis regelrecht um die noch so kleinen Aufgaben stritten. Naja, für mich blieb dann zwar leider häufiger nur noch Betten machen übrig, aber dafür war es total nett mit den Azubis und auch wenn wir manchmal nichts zu tun hatten, hatten wir wenigstens gute Gespräche.

Am längsten arbeitete allerdings ich in der Apotheke des Integrated Day Care Centers (IDCC). Der Name ist etwas irreführend, da sich die Abteilung in Wirklichkeit um HIV-Erkrankte kümmert. Die Patienten werden hier beraten, aufgeklärt und untersucht. Zudem sollen sie alle drei Monate zur Kontrolle kommen und ihre Medikamente abholen (welche übrigens kostenlos für die Patienten sind, es wird lediglich ein kleiner Beitrag in Höhe von umgerechnet ca. 30 Cent für die Lieferkosten verlangt; sollte dies nicht gezahlt werden können, bekommen die Patienten die Medikamente trotzdem und die Schulden werden aufgeschrieben). In der Apotheke arbeitete ich mit Mme Nicoline zusammen, einer der fröhlichsten und herzlichsten Menschen die ich kennengelernt habe. Hier gab es eigentlich auch immer etwas zu tun, wir beschrifteten, registrierten und gaben Medikamente aus.
Auch wenn ich die Arbeit an sich und vor allem das frühe Aufstehen nicht direkt vermisse, fehlen mir die Menschen, die ich im Krankenhaus kennengelernt habe und der alltägliche Kontakt, an den man sich so schnell gewöhnt hat, doch sehr. Es war auf jeden Fall eine gute Erfahrung und ich bin glücklich, dass ich sie machen konnte.


Abenteuer Mount Cameroon

Im Südwesten Kameruns steht er ja, Mount Cameroon, der größte Berg Westafrikas und mit seinen 4095 Metern eine ganz schöne Wucht. Jährlich findet hier das Mountain Race statt, in dem Läufer den aktiven Vulkan in nur wenigen Stunden hoch und wieder runter rennen. Für die etwas weniger Sportlichen unter uns werden aber zum Glück auch 3-Tagestouren angeboten, bei denen man dann quasi “gemütlich” die Bergspitze erklimmen kann. Das wollten Eli und ich uns natürlich nicht entgehen lassen und so ging es Mitte März nach Buea, der nächsten Stadt zum Kamerunberg, wo wir uns mit acht weiteren deutschen Freiwilligen zusammentaten, um von da aus unser kleines Abenteuer zu beginnen. Organisiert wurde das ganze übrigens von Mt. Cameroon Trekking, eine Organisation, die auch 2 Guides (Führer) und 10 Porter (Träger) mitschickten und sich außerdem um Verpflegung, Ausrüstung und alles Andere kümmerten. 

Es wurde dann mit das Anstrengendste was ich je gemacht habe; wir sind auf 1.000 Höhenmetern gestartet und mussten pro Tag immer so um die 7 bis 10 Stunden wandern, gleich am ersten Tag ging es zudem weitere 1.800 m hoch. Am zweiten Tag erreichten wir dann die Spitze, bevor uns dann schon wieder 1½ Tage Abstieg bevorstanden, die es irgendwie genauso in sich hatten. ABER es hat sich trotzdem auf jeden Fall gelohnt; ich bin einerseits super stolz auf unsere Gruppe, dass wir trotz aller Blasen und Muskelkater, die Tour durchgezogen haben und andererseits ist die Landschaft auf dem Berg einfach unbeschreiblich schön und vielfältig. Wir sind durch Regenwälder, Vulkanlandschaften und Savannen gegangen, zu denen unsere beiden Guides Bruno und Prince auch immer immens viel wussten und zu erzählen hatten. Generell waren die beiden super motivierend und haben uns immer gut angetrieben (es gibt einen Grund warum sich Bruno auch “Bruno the Killer” nennt ;)) aber so waren sie wahrscheinlich auch der Hauptgrund, warum wir es immer geschafft hatten mehr oder weniger im Hellen in unseren Lagern anzukommen.




Die Lager auf dem Berg bestehen noch aus Zelten, die man aufbauen muss, aber auf unserem Weg nach oben haben wir gesehen, wie Hotel und Restaurant schon im Bauprozess sind, sowie eine Straße auf der man wohl bald ganz gemütlich den Berg hochfahren kann. Auch wenn der Ausbau des (Öko-)Tourismus natürlich auch gute Seiten hat und somit wahrscheinlich zudem viele Arbeitsplätze geschaffen werden, bin ich irgendwie doch ganz glücklich noch so alleine auf den Kamerunberg gekommen zu sein, bevor er vielleicht ein allzu bekanntes Touristenziel wird. (Der Tourismus wird übrigens überall in Kamerun momentan mehr und mehr ausgebaut, was ich natürlich einerseits total verstehe, da Kamerun allgemein meiner Meinung nach ein wunderschönes Land ist, aber vielleicht ist es halt auch gerade deswegen so schön, weil es teils so unberührt wirkt und die Menschen einem noch so offen begegnen und einen nicht wie einen Touristen behandeln.) 

Wenn wir dann abends also im (Halb-)dunkeln in unserem Lager ankamen und noch nicht allzu müde und erschöpft vom Tag waren, saßen wir immer noch gemütlich mit unseren Portern am Feuer und haben gekocht und geredet. Hier muss ich noch einmal meinen Riesenrespekt vor diesen Portern zollen, neben ihrer eigenen trugen sie nämlich auch noch unsere ganze Ausrüstung und Verpflegung mit nach oben. Während wir dann also teilweise rumjammerten, waren diese Jungs teils in Flip-Flops unterwegs und trotzdem einfach immer noch viel schneller als wir, abends waren sie dann dennoch immer gut gelaunt, witzig drauf und total lieb. 








Als wir dann 3 Tage später total erschöpft und super glücklich wieder in Buea waren, hieß es erst einmal ausruhen, duschen und gut essen, bevor wir überhaupt an irgendetwas anderes denken konnten. Danach nahmen wir uns aber doch noch ein paar Tage Zeit um Buea zu erkunden und zu genießen. Die Hauptstadt des Südwestens ist vor allem, neben Mount Cameroon, wegen ihrer großen Universität bekannt und wegen dieser auch eine relativ junge Stadt. Verglichen mit Kumbo ist Buea eine richtige Großstadt, die Straßen sind asphaltiert und im gewissen Sinne wirkt die Stadt westlicher. Es gibt mehr Supermärkte und die vielen jungen Leute kleiden sich weniger traditionsbewusst. Buea ist echt spaßig und vielleicht nach Kumbo bisher meine Lieblingsstadt in Kamerun, trotzdem erlitt ich einen kleinen Kulturschock als wir das eine Mal in die Clubszene der Studentenstadt eintauchten. Der Club „Las Vegas“ war riesig und die Musik total laut, die Leute rauchten hier und die Mädchen trugen sehr, sehr kurze Kleider, alles was in Kumbo als verpönt gilt. Ich kam mir wie ein komplettes Landei vor und vermisste gleichzeitig unsere schönen und veralteten Bars in Kumbo. Tja, Zuhause ist es halt immer noch am schönsten und so freute ich mich auch wieder als es zurück in unser „kleines“ Kumbo ging.

So viel also erst einmal zu Januar, Februar und März, was alles im April passiert ist, erzähle ich dann glaube ich ein anderes Mal…;)

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