Samstag, 20. Mai 2017

Die Sache mit dem Katholizismus


Januar bis April Teil II



Am ersten April hatten ein paar Freiwillige aus Kumbo und ich die ziemlich coole Möglichkeit, in einem kamerunischen Musikvideo mitzuspielen und mitzutanzen.

Jaro, ein deutscher Freiwilliger in Kumbo, hat nämlich mit Chrisco, einem Freund von uns und Producer seines eigenen Musikstudios, inzwischen schon das zweite Lied aufgenommen. Der Mix von kamerunischen und deutschen Einflüssen klingt, meiner Meinung nach, immer sehr spannend und bei diesem Lied „Blessings“ wird zudem auf Englisch, Pidgin, Lamso und Deutsch gerappt, also alles sehr interkulturell und einfach nur schön. Ihr seht, ich bin begeistert und so fand ich auch den Drehtag richtig witzig.

Angefangen haben wir mit Jaro´s Part in Mbve auf dem Markt; die Leute um uns herum waren überraschenderweise echt begeistert und erfreut und haben häufig angefangen zu klatschen, mitzusingen und zu tanzen. Die Befürchtung komisch angeguckt zu werden, war also anscheinend völlig unbegründet und mir hat es auch mehr Spaß gemacht mit den Mamis von den Obstläden zusammen zu tanzen. Danach gings weiter zu einem Wasserfall in Shisong, in denen noch Szenen mit Jaro und KMG (einer Band von Chrisco) gedreht wurden.

Mit der ganzen Crew war die Wanderung dahin ein echtes Erlebnis und auch wenn ich selbst immer noch nicht so ganz von meinen eigenen Tanzkünsten überzeugt bin, war es schön Teil von diesem Ganzen zu sein. Wir haben so viele schöne Szenen und Zusammenspiele von Markt(bewohnern) und Jaro gesehen und Chrisco hat so viele coole Momente aufgenommen, welche natürlich leider gar nicht alle in das Video reinpassten, trotzdem finde ich, kann sich das Endergebnis sehr gut sehen lassen. Chrisco hat es derweil hochgeladen; hier der Link zu seinem Youtubekanal wo auch andere echt gute Lieder zu finden sind:

https://www.youtube.com/watch?v=kCspUXX0QQE 



Die Arbeit hatte Eli und mich ab April wieder im Jugendzentrum verankert, um das dreitägige Jugendcamp um den „World Youth Day“ mitzugestalten und mitzuerleben. Das Camp ging vom Freitag den 7. April bis zum Palmsonntag und fand in Tabenken, einer Gemeinde des Bistums, statt. 

Im Jugendzentrum und dem Jugendteam an sich hatte sich während wir weg waren viel getan und wir wurden von vielen neuen Gesichtern begrüßt. Das war zwar einerseits etwas seltsam und wir mussten erst einmal wieder Anschluss finden aber es war auch schön endlich so viele junge Leute glücklich und aktiv im Zentrum zu sehen. Eli und ich wurden auf unseren Wunsch hin ins Küchenteam für das Camp eingeteilt. Bei ähnlichen vorherigen Veranstaltungen fiel mir nämlich auf, dass ich es teilweise anstrengender fand, keine Aufgabe zu haben, also gefühlt „nutzlos“ dabei zu sein und dann immer mitten im Geschehen sein zu müssen, weswegen ich froh war dieses Mal eine feste Aufgabe zu haben, mich aber auch manchmal in die Küche „zurückziehen“ zu können.


Die Frauen dort nahmen uns herzlich auf und wir schnibbelten, pflückten und redeten gerne mit ihnen. Insgesamt musste für mehr als 3.000 Jugendliche aus allen Gemeinden des Bistums gekocht werden und das Küchenteam teilte sich auf die einzelnen Gemeinden auf, die auch jeweils unterschiedlich untergekommen waren. Hierbei funktionierte allerdings leider die Kommunikation zwischen den einzelnen Kochteams nicht so gut und so kam es, dass einige Gemeinde viel zu viel hatten und ihr Essen anfing schlecht zu werden, während andere Gemeinden nicht genug Essen hatten um all ihre Jugendlichen satt zu bekommen.

Auch wenn ich gerne bei diesen Massenküchen beobachtet und mitgeholfen hätte, landeten wir hauptsächlich bei der Kochstation, welche für die Priester und den Bischhof kochte. Diese bekommen bei solchen Veranstaltungen nämlich immer extra Mahlzeiten, die besser und aufwendiger zubereitet sind und essen dann auch meist unter sich oder wenigstens an einem seperaten Tisch. Die Jugendlichen dagegen bekamen teils einfach nur Reis (mit einer kaum vorhandenen Soße) und nur zwei Mahlzeiten pro Tag. Eli und mich bringt das teils in eine ungeschickte Lage, da wir als europäische Freiwillige häufig (und ja auch netterweise) eingeladen sind mit am Priestertisch zu essen, wir aber natürlich lieber ganz normal mit den anderen Jugendarbeitern und –freiwilligen essen würde, ich aber einerseits Schwierigkeiten habe, solche Einladungen auszuschlagen und mich auch einfach, wenn ich zu lange nichts oder nur zwei bis einmal täglich richtig esse, nicht mehr wirklich wohlfühle oder konzentrieren kann.


Für die Jugendlichen gab es während dieser drei Tage immer viel Programm und wenig Schlaf (und Essen, wie gesagt). Das Hauptprogramm bestand hauptsächlich aus religiösen Talks, Messen und Gebetsstunden, aber eine Rally gab es zum Glück auch. Mehrere Kinder brachen zudem unter der Sonne zusammen und mussten ins Health Centre* gebracht werden. Am Samstagabend kam dann Bischhof George und eigens für ihn hatten die Gemeinden sich Tanz- und Gesangseinlagen ausgedacht,  geprobt und führten diese nun voller Stolz vor. Ich fand es ein bisschen schade, dass dieses Spektakel nur die Priester und Nonnen und die vorderen Reihen sehen konnten und den anderen durch die Massen im Publikum die Sicht versperrt blieb. Am Palmsonntag segnete der Bischhof Palmzweige und eine Abschlussmesse fand statt, bevor es dann für alle schon wieder nach Hause ging. Für mich persönlich waren diese drei Tage doch schon wieder sehr anstrengend; man muss aber auch dazu sagen, dass sowohl Eli als auch ich beide krank wurden während der Zeit und ich mich persönlich auch noch nicht mit solchen Festivalmessen anfreunden konnte, bei denen unser Mentor die Jugendlichen auffordert auf einem Bein zu hüpfen und die Hand auf den Kopf zu legen als Beweis, dass sie an Gott glauben und Jesus lieben. ABER den Kindern scheint es gefallen zu haben und Fr Francline sprach von einem allgemeinen Erfolg und dass ist ja eigentlich das wichtigste und die Meinungen, auf die es ankommt.

*ein Health Centre ist eine Art Krankenhaus, nur dass in diesem keine Ärzte arbeiten, sondern die Patienten allein von Krankenpflegern behandelt werden; solche Zentren gibt es häufiger in kleineren Dörfern.


Nach einem ernsthaften Putz- und Waschtag am Montag ging es für uns beide schon gleich wieder weiter. Diesmal ging es nämlich ins Kloster. Richtig gehört (oder gelesen), Eli und ich verbrachten die Osterwoche mit den Nonnen des Ordens Mary Morningstar, welche in dieser Woche ihre Türen öffneten, für uns und zukünftige Novizinnen, die kommen und so Ostern ganz besonders erleben wollten. Neben uns waren also noch einige kamerunische Mädchen und vier Freiwillige aus Frankreich, Mexiko und den USA da.
Der Orden wurde in Frankreich gegründet und die Nonnen kommen aus aller Welt. Sie sind „contemplative sisters“, was so viel bedeutet wie besinnliche Schwestern. Ihre Hauptbeschäftigung besteht also nicht darin, irgendeine weltliche Aufgabe oder Wohltätigkeit auszuführen, sondern sich nach innen zu bekehren, bescheiden zu leben, zu beten und sich zu bilden. (Dabei schaffen sie es aber erstaunlicherweise trotzdem noch, meistens super gut gelaunt zu bleiben und dauernd irgendwelche Späße zu machen). So erhofften sie sich auch aus dieser Woche, die Bibelgeschichte nachzuleben und so gefühlt ihrer Jesusvorstellung näher zu kommen.

Meistens fing der Tag mit einem gemeinsamen Morgengebet um sechs Uhr früh an, zu dem ich häufig noch im Schlafanzug kam. Danch gab es Frühstück (die Nonnen essen immer alleine in ihren Zimmern, ohne zu reden, aber daran mussten wir uns zum Glück nicht halten) und dann ging es weiter mit jeweils einer Stunde Bible Sharing und Philosophieunterricht. Am Nachmittag wurde dann meist im Kerzenworkshop mitgeholfen und abends fand täglich eine Messe statt und danach noch einmal ein Abendgebet. Dazu möchte ich sagen, dass wir zu nichts von alle dem gezwungen wurden, aber so sah nun einmal der Alltag der Sisters aus und wer diesen miterleben wollte, war herzlich eingeladen, sollte es einem aber mal zu viel werden, hat keine der Nonnen auch nur schief geguckt, wenn man sich zurückgezogen hat oder das Bible sharing ausfallen ließ. Der Kerzenworkshop ist übrigens sehr beeindruckend, das Kloster stellt die Kirchenkerzen für das gesamte Bistum her und gerade jetzt vor Ostern wurde alles rausgehauen für die wunderschön verzierten Osterkerzen. Manche Priester kamen zu uns mit Extrawünschen für ihre Gemeinden und wollten die Kerzen den Sisters direkt etwas günstiger abkaufen, eigentlich ist so etwas ja vom Bischof verboten aber die Sisters machten mit und irgendwie waren diese illegalen Kerzengeschäfte doch recht amüsant mit anzusehen.

Am Mittwoch war ein riesiger Gottesdienst in der Kathedrale, die „Chrism mass“, in der das Öl für die Kommunion, Firmung etc. vom Bischof gesegnet wurde und die Priester ihre priesterlichen Versprechen erneuerten. Es gab eine riesen Offertory (Spende), die mal gute 1 bis 2 Stunden dauerte und es wurden unter anderem Säcke voll mit Reis, Bohnen und allen anderen Lebensmitteln sowie Tiere wie Kühe, Schafe und Hühner gespendet und die Leute tanzten mit ihren Gaben nach vorne. Um das ganze zu verkürzen wurde es allerdings Leuten verboten, wenn sie nur eine geringe Spende wie ein Stück Seife hatten, nach vorne zu tanzen, ziemlich unhöflich und dreist wurde dann teilweise älteren Damen ihre Spende am Anfang des Ganges aus der Hand genommen. Ich finde das ja unmöglich, da ja nicht nur die großen Spenden wertgeschätzt werden sollten, sondern alle und manchmal ist so etwas kleines eben alles was man hergeben kann. (Im Laufe der nächsten Woche ging allerdings auch ein offizielles Schreiben vom Bischhof rum, in dem er sich für dieses Verhalten entschuldigte).

Am Donnerstag fanden dann tagsüber die Vorbereitungen für das letzte Abendmahl statt, welches die Nonnen auf ganz besondere Weise feiern wollten. Es wurde ungesäuertes Brot gebacken und Lamm zubereitet, quasi nach Rezeptvorlage aus der Bibel. Vor dem Essen wuschen die Nonnen sich gegenseitig die Füße und dieses Mal aßen auch die Nonnen zwar unter sich aber trotzdem zusammen, während wir Mädchen es uns draußen gemütlich gemacht hatten. Den Parlor (Wohnraum) hatten wir mit Palmzweigen geschmückt und eine kleine Feuerstelle aufgebaut, damit das Ganze einem Garten zu ähneln begann, in welchem die Nonnen dann die ganze Nacht durchbeteten. Dieses Festmahl am Donnerstag stand im starken Kontrast zu dem Essen vom Karfreitag an dem wir als Art des Fastens nichts anderes aßen außer Brot und Wasser.

Samstags bereiteten wir uns dann auf Ostern vor und abends wurde ein Osterfeuer gemacht und wir hatten eine Nachtmesse von zehn Uhr bis halb zwei morgens, welche wirklich auf mich einmalig und mystisch wirkte. Der Sonntag war dann irgendwie vollgepackt mit Gottesdiensten und Gebetsstunden.

Wir feierten die Ostermesse im Jugendzentrum bei der sich Oscar, der mexikanische Freiwillige, firmen ließ und die gleichzeitig auch seine Abschiedsfeier war, da er am darauffolgenden Mittwoch schon wieder nach Hause flog. Montags fand dann nochmal unsere eigene kleine Abschiedsmesse und –runde für Oscar im Kloster statt, der den Nonnen auch sehr nahestand. Wir aßen gemütlich alle zusammen (diesmal auch mit den Nonnen) und teilten am Ende noch einen deutschen Osterhasen, den wir mitgebracht hatten. Danach ging es dann auch für Eli und mich wieder zurück nach Hause in unsere gemütliche Wohnung in SAC.

Vielleicht klingen meine Eindrücke und Erlebnisse aus dem Kloster etwas komisch für Aussenstehende, aber mir hat die Woche echt Spaß gemacht und man kann halt auch diese Herzlichkeit und Lebensfreude dieser Sisters und inzwischen auch Freundinnen, die so ansteckend ist, nur schwer und holprig in Worte fassen und erklären. Damit möchte ich jetzt nicht leugnen, dass ich mich nicht erst einmal auch sehr über eine wieder kirchenfreie Zeit gefreut hätte und so ein Kloster und unerschütterliches Glaubensverständnis manchmal etwas einengend werden kann, aber ich habe mich trotzdem sehr wohl dort gefühlt, auch wenn ich auf keinen Fall eine Sister werden möchte ;). Vor allem war es interessant, diese unterschiedliche Art und Weise zu beten im Vergleich zu sehen. Diese laute öffentliche Art im Jugendcamp und dann kurz danach diese ruhige individuelle mit den Nonnen von Mary Morningstar.


So inzwischen bin ich aber auch wieder voll und ganz im weltlichen Alltag angelangt, es gibt wieder eine gewisse Routine für uns in Kumbo und in der Arbeit, für die ich sehr dankbar bin und die ich auch genieße. Dass wir gar nicht mehr so viel Zeit hier haben und dass die Zeit zudem gefühlt wie im Flug vorbeigeht, ignoriere ich bisher auch noch ganz gut...;) Momentan arbeite ich bei Justice and Peace, was wohl auch meine Arbeitsstelle bis zum Schluss bleiben wird. Das Office stellt eine moralische Instanz vor dem Gericht dar und die Arbeit gefällt mir wirklich sehr sehr gut, aber darüber erzähle, informiere und berichte ich, glaube ich, lieber ein anderes Mal...:) 

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